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Gedanken zur aktuellen Situation (Jan. 2023)

Liebe Freundinnen und Freunde,

RWE schadet mit dem Braunkohle-Abbau und dem Lützi-Abriss auf absehbare Zeit weiter enorm dem Klima und ist damit mitverantwortlich für die drastisch zunehmenden Klimaschäden weltweit, bis hin zu Menschen, die an den Folgen des Klimawandels sterben. Hat RWE sich schon jemals für die angerichteten Klimaschäden entschuldigt? Die schwarz-grüne NRW-Landesregierung unterstützt diese Geschäftspolitik mit einem der größten Polizeieinsätze der letzten Jahre – ohne auch nur den Hauch eines alternativen Energiewendekonzepts vorzulegen, das die Schäden kompensieren oder verhindern könnte. Das ist gravierend und sollte im Fokus der Diskussion stehen.

Was jetzt versprochen wird, ist wieder eine tolle Zielmarke am Horizont: Kohleausstieg 2030 (im Rheinland) – aber diese Zielmarken sind eben genau das – reine Zielmarken, die erst noch mit Leben gefüllt werden müssen. Und beim Atomausstieg zeigt sich doch: Selbst gesetzlich fixierte Zielmarken können noch 50 Tage vor Erreichen einfach gekippt werden, obwohl der Atomausstieg seit 20 Jahren als Zielmarke versprochen wird. Was komplett fehlt, ist die Energiewende im Jetzt-Modus – der schön gemalte Horizont alleine reicht nicht aus.

UAA Gronau Teilansicht 21
UAA Gronau Teilansicht 21.10.19 | Quelle: BBU UB

Was Verantwortung für RWE bedeutet, hat der Konzern in der Atomenergie vorgemacht: Als klar wurde, dass die Atommüll-Lagerung und sichere Entsorgung nicht bezahlbar sein würden, hat RWE den Atommüll in Gorleben, Ahaus, Lingen und den anderen Atommüll-Standorten einfach und kostengünstig an den Staat verkauft. In Gronau – wo RWE Teilhaberin an der UAA ist – hat man den Uranmüll gleich ganz nach Russland abgeschoben. Aus den Augen, aus dem Sinn. Verantwortung? Nicht bei RWE – oder E.ON oder Uniper …

Es ist wirklich beschämend, wie jetzt z. B. die Fridays, aber auch die “Letzte Generation”, öffentlich angegangen werden, um die Klimaproteste insgesamt zu diskreditieren. Fast schon infam war z. B. der Umgang mit Fridays-Sprecherin Pauline Brünger bei Markus Lanz am Dienstag. Das wirkte doch sehr nach einem Generationen-Konflikt Marke Alt gegen Jung, der für Familientherapeut:innen sicherlich viel Arbeit bringen würde. Pauline hat sich aber dennoch sehr gut geschlagen und wichtige Punkte zu den Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen präzise erklärt, obwohl sie ständig von drei Seiten angepampt wurde – das war kein leichter Auftritt.

Lützerath 14.01.2023 / Foto: Jürgen Kinschner

Geradezu skurril ist die Fake-Debatte, ob die polizeiliche Ingewahrsamnahme von Greta Thunberg am Dienstag nicht sogar mit der Polizei abgesprochen war. Über die zahlreichen Strafverfahren rund um Lützi und auch die Langzeit-Festsetzungen wird dabei gar nicht mehr gesprochen. Greta ist keine Heilige, aber sie wird von der UN und der Weltklimakonferenz als wichtige Gastrednerin eingeladen – in NRW hingegen wird sie nicht etwa von der grünen Klimaministerin Mona Neubaur zu Gesprächen empfangen, sondern von einem grünen Polizeipräsidenten weggetragen und festgesetzt – das ist der Stand der Klimapolitik hierzulande in 2023. Es ist beängstigend, wie wieder einmal ein gesellschaftlicher und politischer Großkonflikt an die Polizei delegiert wird – und in NRW macht CDU-Polizeiminister Reul das gerne und mit großem Gusto. Er hat ja im Gegensatz zum Hambi 2018 nun auch die Rückendeckung der grünen Parteispitze.

Die Süddeutsche berichtete schon am Samstag, dass RWE-Chef Krebber mittlerweile “ein enger Berater der Bundesregierung” sei und “in stetem Austausch” mit Klimaminister Habeck stehe. Wer solche Berater hat, macht natürlich auch RWE-freundliche Politik. Die Umweltverbände, Klimaforscher:innen und Klimainitiativen sind definitiv nicht als enge Berater der grünen Klimaministerien gefragt.

Lützerath 14.01.2023 / Foto: Jürgen Kinschner

Und dann ist da noch die nicht ganz kleine Frage, wie lange die Bagger in Lützerath überhaupt noch aktiv sein können, wenn ein Teil der benötigten Fläche noch gar nicht RWE gehört? Warum wurde das erst jetzt bekannt, nachdem Lützerath geräumt ist? Warum hat das NRW-Klimaministerium nicht die Öffentlichkeit informiert? Und was passiert, wenn die Eigentümer:innen wirklich nicht verkaufen wollen an RWE? Enteignet dann das grüne Klimaministerium die Leute für die Braunkohle von RWE, so wie das seit Jahrzehnten unter SPD, CDU und FDP die Praxis war? Die Räumung zum jetzigen Zeitpunkt war augenscheinlich eine reine Machtdemonstration gegenüber der Klimabewegung – deshalb auch die fast schon hysterischen Reaktionen auf die Großdemo letzten Samstag. Mit einem derart breiten Protest hatten RWE und Schwarz-Grün nicht gerechnet.

Und was bedeutet all das für den Atomausstieg? Die Forderungen aus FDP, CDU und CSU nach Laufzeitverlängerungen reißen nicht ab. Mal Weiterbetrieb bis 2024, dann bis 2027 und CDU-Chef Merz fordert ganz offen eine “vorurteilsfreie Debatte” über den Neubau (!) von AKW. Die Story ist noch nicht durch. Ein neuer GAU? Kein Thema. Uran-Abhängigkeit von Russland? Kein Thema. Dreckiger Uranabbau in Afrika, Russland, Kasachstan, Australien, Kanada etc. mit schweren gesundheitlichen und umweltzerstörerischen Folgen? Kein Thema. Atommüll? Kein Thema. Und woher kommen all die Milliarden für den Bau von AKW?

Ist Bild von Mojib Latif und Text „„Wieso hat RWE, die uns in der Klimaforschung jahrzehntelang aufs Übelste bekämpft haben, Fake-News-Kampagnen gefahren haben, usw., warum haben die immer Ihr Gehör und wieso vertrauen Sie denen? Diesen Leuten darf man nicht mehr vertrauen, und wenn die Ihnen sagen, Sie brauchen das und das, dann streichen Sie mal 50 Prozent weg und dann sind Sie immer noch auf der richtigen Seite." Mojib Latif an Herbert Reul (Innenminister NRW) 15.1.23 ARD Anne Will
Mojib Latif am 15.01.2023 bei Anne Will (ARD)

Auch kein Thema. Sehr gut war da am Sonntag der Auftritt von Mojib Latif bei Anne Will, der am Beispiel Frankreich in klaren Worten den Zusammenhang von Klimakrise und wachsender Unzuverlässigkeit der AKWs erklärt hat, weil bei anhaltenden Dürre- und Hitzeperioden die Zufuhr von ausreichend Kühlwasser immer unsicherer wird. Nur eines von vielen wichtigen Argumenten.

Deshalb müssen wir weiter auf der Straße bleiben und wir müssen auch weiter entschlossen darlegen, warum Atomkraft keine Antwort auf die Klimaprobleme von heute, morgen und übermorgen ist. Es zeigt sich doch immer klarer: Der alten Energielobby geht es nicht um Atom ODER Kohle ODER Fracking – die wollen ALLES zusammen und auf unbestimmte Frist. Und das hat drastische Folgen, weil so die Ressourcen für den Ausbau der Erneuerbaren fehlen. Die Politik arbeitet in die völlig falsche Richtung. Deshalb: Wenn wir jetzt den Atomausstieg durchsetzen – inkl. Brennelementefertigung und Urananreicherung – und der Klimaprotest rund um Lützi und anderswo nicht nachlässt, wird das ein klares Zeichen setzen und auch auf andere Länder Auswirkung haben – Atomkraft und Kohle sind Auslaufmodelle – dafür lohnt es sich auf die Straße zu gehen.

Soweit diese aktuelle Einschätzung als Diskussionsbeitrag in einer sich dynamisch entwickelnden politischen Auseinandersetzung.

Atomfreie Klimagrüße
SOFA (Sofortiger Atomausstieg) Münster, Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen
www.sofa-ms.de, www.urantransport.de

Beitragsbild: Demo EndeGelände, Datteln 4, 17.05.2020 (C)

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