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Leit-Transparent der Demo 14.01.2023 in Lützeratz "Die richtige Kohle abbaggern!"

Lützerath-Demo in den Medien

Mal ehrlich: Welche Informationen sind bei dir hängen geblieben, nachdem du die Medienberichte zur Demonstration in Lützerath verfolgt hast? War es irgendeine Teilnehmerzahl, waren es Hinweise auf eine friedliche Veranstaltung mit guter Stimmung und wichtigen Statements von der Bühne oder von den Teilnehmenden? Oder war es der Hinweis auf Gewalt, die angeblich nur von gewaltbereiten Demonstranten ausging?

Ich war dabei. Von Gewalt habe ich nichts mitbekommen. Ich war allerdings nur vor der Bühne; nicht an der letzten Polizeisperre oder direkt an der Kante des erschreckend riesigen Braunkohle-Loches. Von mir kann daher kein vollständiger Bericht und schon gar keine Beurteilung der gesamten Ereignisse erwartet werden. Auch kann ich natürlich nichts genaues zur Anzahl der Teilnehmenden schreiben. Es waren unüberschaubare Menschenmassen dort im Ort Keyenberg und zwischen den Feldern Richtung Lützerath bei Sturm und Regen unterwegs. Es gibt kein Kameraobjektiv, kein Foto, was die Massen als Ganzes hätte erfassen können. Es gab nicht mal eine Position, von der aus die Massen mit dem Auge oder einer Filmkamera zu erfassen gewesen wären.

Foto zeigt hinten die Kante des Braunkohle-Loches mit einem Bagger. Auf den Äckern davor auf allen Ackerstraßen und auf den Äckern Demonstranten.
Lützerath 14.01.2023. Leider war wegen Sturm kein Drohnenwetter. Dieses Foto ist Extinction Rebellion Deutschland) trotzdem sehr gut gelungen. Es kann jedoch nur einen Ausschnitt zeigen.

Die Veranstalter haben 35.000 genannt, in den Medien finde ich die von der Polizei genannte Zahl von 15.000.

Können wir uns also auf den Mittelwert 25.000 einigen? Reicht doch, oder? Das sind 25.000, oder – wenn dir das lieber ist – nur 15.000 friedlich demonstrierende Menschen. Davon nach Angaben eines Teilnehmers 1000 Personen, die gewaltfreien Widerstand an der letzten Polizeikette vor Lützerath praktiziert haben. Darunter vielleicht auch einige Wenige, die Steine geworfen haben, wenn man in diesem Punkt den Veröffentlichungen trauen kann. Auch denkbar, dass darunter V-Leute der Polizei, des Innenministeriums oder von Parteien waren, damit Bilder und Filmmaterial von Gewalt die Medien bestimmen.

Ist das bei Fußballspielen auch so, wenn es nach dem Spiel zu unschönen Szenen kommt? Oder wenn in einem Nahverkehrszug Richtung Ruhrgebiet in jedem Eingang 3-4 Polizist:innen stehen, weil Fußballfans aus Wolfsburg zu einem Spiel unterwegs sind? War dann der Ausgang und die Durchführung des ganzen Spiels schlecht?

Blick in die Braunkohle-Grube: Ein riesiger Schaufelbagger wird von Wachleuten umringt.
Die Angst ist groß: Blick am 14.01.2023 in das Braunkohle-Loch. Foto: Tanja Küsters

Ich glaube, niemand würde zu diesem Schluss kommen. Umso bemerkenswerter deshalb der Umgang der Medien mit solchen Großdemonstrationen, bei denen am Image der Regierenden und ihrer Staatsmacht gerüttelt wird. Mit deren Hilfe wird zur Zeit schließlich das von den Regierenden definierte Recht des Großkonzerns RWE mit Gewalt durchgesetzt. Dabei wird öffentlich gelogen und betrogen, dass sich die Balken biegen. Oder wie sonst ist zu erklären, dass der Weiler Lützerath geräumt wird, obwohl RWE noch gar nicht alle Grundstücke gehören, die hinter dem Ort ausgebaggert werden sollen?

Wenigstens die Landtagsabgeordnete der Grünen, Antje Grothus, zeigt, wie man (bzw. frau) als Mandatsträgerin mit solchen Informationen umgehen muss; wie man trotz Zugehörigkeit bei den Grünen arbeiten kann:

PM: Am Tagebau Garzweiler drohen neue Enteignungen ++ „Neuplanung des Tagebaus notwendig“ ++ Antje Grothus bittet um Abbruch der Räumung Lützeraths

Dieses ist jedoch nicht der einzige öffentliche Widerspruch innerhalb der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Bei den Mitgliedern der Partei läuft eine Unterschriftensammlung für einen Offenen Brief an Robert Habeck und Mona Neubaur, die innerhalb weniger Tage bereits mehr als 2700 Unterschriften eingesammelt hat:

Grüne Grundwerte nicht verraten: Lützerath muss bleiben! Offener Brief an Mona Neubaur und Robert Habeck

Liebe Mona, lieber Robert,

wir wenden uns an Euch, da wir als Mitglieder von Bündnis 90/ Die Grünen die Räumung des Dorfes Lützerath weder verstehen noch hinnehmen können.

Wir Bündnisgrüne haben unsere Wurzeln in der Umweltbewegung. Wir sind die Partei, die Jahre lang Seite an Seite mit NGOs und der Klimabewegung für den Erhalt aller Dörfer und den schnellstmöglichen Kohleausstieg gekämpft hat. Im Grundsatzprogramm haben wir uns verpflichtet die 1,5 Grad-Grenze einzuhalten. Zur Erinnerung: “Zentrale Grundlage unserer Politik ist das Klimaabkommen von Paris sowie… Weiterlesen…

Keine Pressefreiheit in Lützerath

Presse ist in Lützerath nicht mehr zugelassen. Soviel zum Thema “Pressefreiheit” in Deutschland. Die Polizei lässt sich nicht gerne in die Karten schauen. Zumal nicht von kritischen Journalist:innen. Aber gut, dass Demonstranten und Aktivisten auch Aufnahmen machen können. Hierzu hat sich auch schon die Pressegewerkschaft geäußert.

Zwei Demo-Sprüche, die ich mir gemerkt habe, von denen ich aber leider keine Fotos habe:

Warum so Wüst, Hendrik?

Lützi bleibt! – Reul doch!

Die Bewertung der Lage und der Umgang mit Bildmaterial ist schwierig. Wer was richtigstellen möchte, darf gern unten kommentieren.


Fotos von Jürgen Kinschner


Fotos von Extinction Rebellion Deutschland:


Video #1 (9 Sek.)

Inzwischen wurde mir die Richtigkeit des folgenden Videos bestätigt. Der Twitter-User hat es mit diesen Worten kommentiert:

Was zur Hölle soll das sein? Sind das Beamte (ohne Beamten Dokument) oder Söldner?


Video #2 (1:28 Min.)

Das Video unten des youtube-Kanals “Geonativ” hat der Autor u.a. wie folgt beschrieben:

… In Anbetracht dieser repressiven polizeilichen Gewaltorgie kann man sich auch mal über einzelne vollkommen überforderte Co2ps beömmeln.

Ich empfehle, den Ton einzuschalten!

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Ein weiterer Teil der Filmbeschreibung (“… zwischen 35.000 und 50.000”) war allerdings überflüssig. Ich habe deshalb bei youtube als Kommentar hinterlassen:

Sehr gutes Video. Die Musik passt sehr gut dazu. Dieser Humor bringt meine Stimmung nach der Aufregung von gestern wieder auf ein verträgliches Niveau. Ich war auch dabei und kenne die veröffentlichten Zahlen. Auf der Bühne wurden 35.000 genannt. Über Verlautbarungen der Polizei in der Presse will ich gar nicht reden. Auch 20.000 wäre eine sehr gute und hohe Zahl gewesen. Völlig ausreichend, um den zahlreichen Widerstand zu zeigen. Warum daraus nun in der Filmbeschreibung “bis 50.000 Menschen” gemacht wurden, ist mir ein Rätsel und im Übrigen völlig überflüssig. Für die Sache, um die es eigentlich geht, wäre nun eine Korrektur angebracht.

Geonativ begründet die Zahlen wie folgt:

Hallo, die Zahl von 50.000 Demonstrant:innen kommt von Alle Dörfer Bleiben, die ja auch Erfahrung mit den Demos im rheinischen Revier haben.
Die Zahlen der Polizei jedenfalls von 15.000 Menschen kann man getrost als Fake News bezeichnen, zumahl die Polizei auch eine Konfliktpartei ist und nachweislich nicht neutral berichtet. Ich war 2018 auch beim Hambacher Wald bei der Demo dabei, bei der auch 50.000 Menschen gezählt wurden. Ich halte deshalb 35.000-50.000 durchaus für realistisch. – Danke dir aber für deinen Kommentar und dass du dabei warst!


Video #3 (5:33 Min.)

Hier noch ein Filmchen aus dem Video-Kanal der Stand Up Comedian und Moderatorin Hazel Brugger und ihrem Partner Thomas, denn Thomas war mit dem kleinen Sohn dabei:

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Wer sich nun über die Teilnahme von Kindern bei einer solchen Veranstaltung mokiert, war noch nie auf einer friedlichen Demonstration. Frage von Thomas und Hazel an Kritiker, die die Mitnahme von Kindern bei Demonstraionen verurteilen:

Sind Sie vertraut mit dem Konzept “Demo”?


Meinungen

@AlleDoerfer@twitter.com:

Die @Polizei_NRW_AC@twitter.com behauptet, die Räumung von #LuetzerathBleibt sei abgeschlossen – obwohl noch 2 Menschen im Tunnel sind. Für sie sei jetzt (die Werksfeuerwehr von) RWE zuständig. Wir sind fassungslos und zutiefst besorgt!

Teilnehmerin M.:

Den meisten Schaden hat der Aufruf zum Sturm des Redners auf der Bühne verursacht. Damit verlieren die Klimaschützer an Rückhalt in der Bevölkerung. Ich weiß doch, wie ich selbst auf die Rede reagiert habe, ich war entsetzt und auch wütend. Damit werden die Märsche provoziert, wir wir sie am Capitol und in Brasilien erlebten. Und in Lützerath war auch keiner, der den Redner zurück pfiff.

@carla_reemtsma@twitter.com:

#Lützerath ist nicht – wie oft behauptet – das falsche Symbol.
Lützerath ist das Symbol für alles, was falsch ist.
Hier stehen Konzernprofite über Lebensgrundlagen, Klimaziele werden willentlich gerissen und Aktivist*innen mit massiver Polizeigewalt kriminalisiert.

"Das mag sein, dass die Rechtslage, was die Eigentumsverhältnisse der Besitzgelände der RWE angeht, geklärt ist - gleichzeitig geklärt ist das Pariser Klimaabkommen, das für uns international bindend ist. Und daran halten wir uns jetzt gerade nicht" (Timon Dzienus, Bundessprecher der Grünen Jugend am 14.01.2023.
Quelle: @terliwetter@mastodon.social

@s4f_koeln_bonn@twitter.com:

Auch wir waren gestern in #Luetzerath. Zusammen mit 700+ Wissenschaftler*innen empfehlen wir ein Moratorium der Räumung @sciforfuture@twitter.com.

@Natascha_Strobl@twitter.com

Was in Lützerath passiert ist der Vorgeschmack auf alles was kommt. Solidarität mit den Klimaschützer_innen.

@derspiegel@twitter.com

Es ist ein starkes Foto: Dunkel anmutende Polizisten tragen Luisa #Neubauer weg – das Gesicht der Klimaschützerin erscheint hell. Da wurde wohl getrickst, orakelt der CSU-Mann. Die Nachrichtenagentur kontert. https://www.spiegel.de/politik/luisa-neuba….

@parentskoeln@twitter.com

… Der schwarze Block kam viel später. Die Polizei prügelte von Anfang an… https://twitter.com/parentskoeln/…

@aktuelle_stunde@twitter.com

Nach der #Luetzerath-Demo beklagt @izahofmann_@twitter.com aus dem Sanitäter-Team der Demo-Organisatoren Polizeigewalt: Einsatzkräfte hätten „systematisch auf den Kopf von Aktivistinnen und Aktivisten geschlagen“, es habe lebensgefährliche Verletzungen gegeben. https://www1.wdr.de/nachrichten/luetzerath-live…

@NurderK

AnneWill:
„Eine Sanitäterin sagt: ˋMan habe systematisch auf die Köpfe der demonstrierenden eingeschlagen.´
Stimmt das? Denn dann wäre die Polizei unverhältnismäßig hart vorgegangen.“

@hreul:
“Da haben sie recht und deswegen glaube ich das nicht.“

@annalist@twitter.com

In dem Gespräch von #AnneWill mit @GretaThunberg@twitter.com wird eins sehr deutlich:
Aktivist*innen wird ständig abverlangt, in Form von politischen Verhandlungsprozessen zu denken und zu handeln, während Politik (und Polizei) nicht bereit sind, die Perspektive des Aktivismus mitzudenken.

@Perowinger94@mastodon.social

Die Bilder wie die bekannteste Klimaschutzaktivistin und Kandidatin für den Friedensnobelpreis #GretaThunberg von der Polizei bedrängt wird, um ein Dorf für Kohleabbau zu zerstören, gehen gerade um die Welt. Was für ein schwarzer Tag für Deutschland. Einfach nur beschämend.


Beitragsbild: Demo 14.01.2023 in Lützeratz / Foto: J.B.

Uli Mandel

Ab 2014 Gründer und Administrator des Klimabündnis Hamm (klimabuendnis-hamm.de); ab 2022 umbenannt in stadt-klima-wir.de ("Stadt.Klima.Wir!"). - Motto: "Taten, statt warten!“ oder "Auch ein Schritt zurück kann Fortschritt sein." - Wer in meinen Beiträgen Fehler findet, sollte sie nicht behalten. - Siehe Impressum....

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