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Gaskraftwerk

Wärmepumpen: der schnellste Weg aus der Gasabhängigkeit

Fachkräftemangel ist zentrales Problem

NL S4F 03.03.2023: Termingerecht zum heutigen globalen Klimastreik erscheint im Wissenschaftsmagazin „Nature Communications Earth & Environment“ eine Analyse zur Wärmeversorgung durch Gas. Die Studie weist nach: der Ersatz von Gasheizungen durch Wärmepumpen senkt den Gasverbrauch am schnellsten. Ein interdisziplinäres Team von WissenschaftlerInnen aus dem Umfeld der Scientist for Future (S4F) haben in einer detaillierten Modellrechnung gezeigt, dass Deutschland in nur drei Jahren bis zu 60 % der Gasmenge reduzieren kann, die vormals durch russisches Gas abgedeckt wurde.

Das Team hat einen gangbaren Wandel der Wärmeversorgung durchgerechnet und sich dabei zum ersten Mal auch auf Interviews in Handwerksbetrieben gestützt. Es stellt sich als erstes das Problem des Fachkräftemangels. Die 380.000 Beschäftigten in deutschen Sanitär- und Heizungsbetrieben installieren jedes Jahr etwa eine Million Heizungen, im Durchschnitt sind dies nur etwa drei Heizungen pro Beschäftigten und Jahr. Aber: von 50.000 Betrieben bauen nur 10 bis 20 % regelmäßig Wärmepumpen ein. Eine wichtige Steuergröße ist daher die etwa 5-tägige und obligatorische Weiterbildung für Handwerker, damit diese die Wärmepumpen einbauen können.

Voraussetzung für den notwendigen, zügigen Einbau von Wärmepumpen ist der Studie zufolge die bereits angelaufene Zusammenarbeit zwischen Regierung, Fachunternehmen und Kunden. Hauptautor der S4F-Studie ist Pietro Altermatt, Leiter der internationalen Energie-Modellierungsgruppe „gpvsim“, Hannover. Politische Unentschlossenheit verzögere den Klimaschutz: „Mit Wärmepumpen können wir das praktisch unbegrenzte Wärmepotential der Außenluft nutzen, statt begrenzte und teure Gasreserven zu verfeuern. Die Betriebe brauchen dafür politische Planungssicherheit.“

Unterstützt wird er durch S4F-Mitglied und Ko-Autorin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung: „Ein stark beschleunigter Austausch von Gaskesseln durch Wärmepumpen ist auch ökonomisch die richtige Antwort auf die Energiekrise. Wir werden in Zukunft weiterhin durch schwankende Gaspreise finanziell belastet.“ Zudem biete der Umstieg eine realistische Lösung dafür, „dass die Bundesregierung auf langfristige Gaslieferverträge verzichten kann, denn diese untergraben das Pariser Klimaabkommen“, ergänzt Claudia Kemfert.

Für die privaten Haushalte ist Wärmeversorgung die energetische Kernfrage. Die detaillierten Berechnungen des S4F-Forschungsteams gehen vom heutigen Stand der Wärmedämmung im Gebäudebestand aus. Auch sollen in den meisten Gebäuden weiterhin Heizkörper installiert bleiben. „Moderne Wärmepumpen sind technisch ausgereift und können in der Mehrheit der Gebäude innerhalb von etwa drei Tagen direkt ohne große Änderungen eingebaut werden. Das spart Zeit und vor allem Kosten,“ sagt Mitautor Jens Clausen von Borderstep, Hannover.

Bleibt ein kritischer Punkt: Wärmepumpen brauchen Strom und sind nur dann klimaneutral, wenn dieser Strom grün ist. Daher befinden sich Wärmepumpen mit anderen Nutzern in Konkurrenz um nachhaltig erzeugte Elektrizität. Die Berechnungen der Studie zeigen aber, dass trotz Wärmepumpen genug erneuerbarer Strom verfügbar bleibt, um den Ausstieg aus der Kohle und der Einstieg in die E-Mobilität weiterhin zu schaffen. Obwohl an manchen dunklen, windfreien Tagen im Winter zum Teil Gaskraftwerke den Strom für die Wärmepumpen liefern werden, werden nach den Berechnungen durch den Umstieg bis 2025 gasbedingte Emissionen von mehr als 180 Millionen Tonnen CO2 vermieden.

Bleibt noch anzumerken: die Modellanalyse untersuchte zwar Deutschland, ist aber methodisch auf andere Länder übertragbar.

Die Veröffentlichung findet sich bei „Nature Communications Earth & Environment“ unter: Pietro Altermatt et al., (2023): „Replacing gas boilers with heat pumps is the fastest way to cut German gas consumption“, https://www.nature.com/articles/s43247-023-00715-7

Ansprechpartner:

Beitragsbild: Quelle: Tim Reckmann, pixelio.de

Uli Mandel

Ab 2014 Gründer und Administrator des Klimabündnis Hamm (klimabuendnis-hamm.de); ab 2022 umbenannt in stadt-klima-wir.de ("Stadt.Klima.Wir!"). - Motto: "Taten, statt warten!“ oder "Auch ein Schritt zurück kann Fortschritt sein." - Wer in meinen Beiträgen Fehler findet, sollte sie nicht behalten. - Siehe Impressum....

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